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Prostatakarzinom

Fact Sheet zur Brachytherapie

Zweitmeinung

KLINIK am RING - Köln am Zülpicher Platz

Welchen Stellenwert hat die Brachytherapie (innere Bestrahlung) in der Behandlung des lokal begrenzten Prostatakarzinoms? Wie sind Wirksamkeit und Nebenwirkungen im Vergleich zur operativen Entfernung der Prostata und zur alleinigen äußeren Bestrahlung? Wie profitieren die unterschiedlichen Patientengruppen von der Brachytherapie? Das Westdeutsche Prostatazentrum in der KLINIK am RINK informiert Sie auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Brachytherapie ist gleich gut wie oder effektiver als die Operation

Wird Prostatakrebs rechtzeitig erkannt - und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem der Tumor auf die Prostata begrenzt ist – weist die Brachytherapie alleine oder in Kombination mit der äußeren Bestrahlung und Hormontherapie die höchste biochemische Rezidivfreiheit (kein Wiederanstieg des PSA im Blut nach Therapie) auf. Das gilt sowohl für die frühen als auch für die fortgeschrittenen Krankheitsstadien. Die alleinige äußere Bestrahlung führt indessen im Vergleich zur Radikal-OP zu gleich guten Ergebnissen.

Die Gleichwertigkeit bzw. Überlegenheit der Brachytherapie gegenüber der operativen Entfernung des Tumors konnte über die letzten Jahre in einer Vielzahl von Studien eindeutig belegt werden; zuletzt sehr eindrucksvoll in einer 2020 veröffentlichten retrospektiven Analyse des Kaiser Permanente, Los Angeles Medical Centers (1). Darin betrug die biochemische Rezidivfreiheit für Patienten, die eine Brachytherapie erhielten, 10 Jahre nach Behandlung 82 Prozent gegenüber 57 Prozent nach äußerer Bestrahlung und nur 52 Prozent nach Operation.

Ein ebenfalls 2020 veröffentlichtes 10-Jahres Follow-up der s.g. PROTECT-Studie (2) sowie die 2012 von Prof. Peter Grimm publiziert Metaanalyse (3) an 52.000 Patienten konnten ebenfalls die Gleichwertigkeit bzw. Überlegenheit der Brachytherapie zur OP belegen.  
Nach dem aktuellen Konsens zur Effektivität der Brachytherapie richten sich auch die Empfehlungen sowohl der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) als auch der Deutschen Gesellschaft  für Strahlentherapie (DEGRO) in Ihren Leitlinien.

#Tipp: Prostate Cancer Results Study Group (PCRSG)
Prostate Cancer Results Study Group (PCRSG) unter Federführung von Prof. Grimm hat ein Patiententool entwickelt, mit dem es möglich ist, die Heilungsraten aller modernen Therapieformen, in Abhängigkeit vom Risikoprofil des Tumors, miteinander zu vergleichen. Informieren Sie sich unter https://prostatecancerfree.org/


Literatur

(1)Goy BW, Burchette R, Soper MS et al.: Ten-Year Treatment Outcomes of Radical Prostatectomy Vs External Beam Radiation Therapy Vs Brachytherapy for 1503 Patients With Intermediate-risk Prostate Cancer. Urology 020 Feb;136:180-189. doi: 10.1016/j.urology.2019.09.040. Epub 2019 Nov 5.

(2) Neal DE, Metcalfe C, Donovan JL et al.:  Ten-year Mortality, Disease Progression, an Treatment-related Sitde Effects in men with Localised Prostate Cancer from the ProtecT Randomised Controlles Trial Accordingto Trreatment Received.  Eur Urol. 2020 Mar;77(3):320-330. doi: 10.1016/j.eururo.2019.10.030. Epub 2019 Nov 24.

(3) Grimm P, Ignace Billiet I, Bostwick D et al. Comparative analysis of prostate-specific antigen free survival outcomes for patients with low, intermediate and high risk prostate cancer treatment by radical therapy. Results from the Prostate Cancer Results Study Group. BJUI 109, Suppl. 1, 22-29, 2012

Brachytherapie in Kombination mit einer äußeren Bestrahlung ist bei Patienten mit einem Hochrisiko-Tumor am effektivsten

Mehrere Studien, darunter eine US-amerikanische Untersuchung von Wissenschaftlern der University of California in Los Angeles (1) belegen, dass die Brachytherapie in Kombination mit der äußeren Bestrahlung bei Prostatakrebspatienten mit einem schnell wachsenden, aggressiven Tumor zur besten Heilungsrate führt. So betrug die Sterblichkeit auf Grund des Prostatakarzinoms nach 5 Jahren nur 3 Prozent für Patienten, die mittels Brachytherapie in Kombination mit einer äußeren Strahlentherapie behandelt wurden, im Vergleich zu 13 Prozent nach alleiniger externer Bestrahlung und 12 Prozent nach Operation. Die Studie wurde 2017 im renommierten Wissenschaftsmagazin JAMA veröffentlicht.

# Begründung
Wird die Prostata operativ entfernt, kommt es häufig vor, dass sich bereits Ausläufer des Tumors außerhalb des Schnittrandes befinden, die nach der OP weiterwachsen. Bei der Brachytherapie werden dagegen auch Randbereiche der Prostata in die Bestrahlung einbezogen. Daher können Tumore mit Kapselüberschreitung mittels Bestrahlung besser behandelt werden als mit der Operation.


Literatur

(1) Kishan AU, Cook RR, Ciezki JP, et al.: Radical prostatectomy, external beam radiotherapy, or external beam radiotherapy with brachytherapy boost and disease progression and mortality in patients with gleason score 9–10 prostate cancer. JAMA 2018; 319 (9): 896–905

Metastasen: Geringeres Risiko nach kombinierter Brachytherapie als nach OP

Welchen Einfluss die Art der Behandlung auf das Risiko hat, zu einem späteren Zeitpunkt Metastasen zu bilden, konnte die an rund 1800 Patienten durchgeführte JAMA-Studie von 2017 (1) deutlich zeigen: Danach war die Wahrscheinlichkeit der Metastasierung nach einer kombinierten Therapie von HDR-Afterloading und äußerer Bestrahlung statistisch signifikant geringer als nach einer operativen Entfernung der Prostata. Dies spiegelt sich ebenfalls in der Sterblichkeitsrate bedingt durch die Folgen der Metastasenbildung wider. Diese betrug nach 7,5 Jahren 17 Prozent in der Gruppe der Patienten, deren Tumor zuvor in einer Operation entfernt wurde und nur 10 Prozent bei Patienten, die eine kombinierte Brachytherapie erhielten.

# Rezidiv nach Prostatakrebs-Behandlung
Statistiken zufolge kommt es in 10 bis 15 Prozent der Fälle nach erfolgter Behandlung innerhalb der ersten Jahre zu einem Wiederauftreten der Krebserkrankung. Diese kann als "lokales Rezidiv" in der Prostata oder als Absiedelung (Metastase) in anderen Organen oder Geweben auftreten.


Literatur

(1) Kishan AU, Cook RR, Ciezki JP, et al.: Radical prostatectomy, external beam radiotherapy, or external beam radiotherapy with brachytherapy boost and disease progression and mortality in patients with gleason score 9–10 prostate cancer. JAMA 2018; 319 (9): 896–905

Weniger Nebenwirkungen und höhere Lebensqualität nach Brachytherapie als nach der Operation

Langzeitstudien belegen für die Brachytherapie nicht nur zum Teil bessere Heilungsraten, sondern auch deutlich geringere Nebenwirkungen, Langzeitfolgen und weniger Einbußen der Lebensqualität. So veröffentlichte das Journal of Clinical Oncology 2011 eine wissenschaftliche Untersuchung (1), in der die Langzeitfolgen der Prostatakrebs-Operation mit denen der Brachytherapie verglichen wurden. Die so genannte SPIRIT-Studie (Surgical Prostatectomy vs. Interstitial Radiotherapy Intervention Trial) zeigte eine eindeutige Überlegenheit der Brachytherapie hinsichtlich Harnkontinenz und Sexualfunktion. Danach wiesen Patienten, die eine Seed-Implantation erhielten, kaum Inkontinenz, eine bessere Erektionsfähigkeit und eine deutlich höhere Lebensqualität auf als Patienten, denen die Prostata in einer Operation entfernt wurde. Auch hinsichtlich der Patientenzufriedenheit war die Brachytherapie der OP weit überlegen.

Die ProtecT-Studie (Prostate Testing for Cancer and Treatment) (2) an rund 1600 Patienten zeigte, dass Patienten nach Prostata-OP am stärksten unter den Folgen der Behandlung leiden. So waren nach sechs Jahren noch immer 17 Prozent der operierten Patienten auf Vorlagen wegen Harnverlust angewiesen. Hatten vor Beginn der Studie noch 67 Prozent eine Erektion, die sie zum Geschlechtsakt befähigte, waren es nach sechs Jahren nur noch 12 Prozent. Ähnlich eindeutig ist das Ergebnis einer Untersuchung der BARMER-Krankenkasse (3). Danach klagten 70 Prozent der Operierten über Erektionsprobleme, 53 Prozent über sexuelles Desinteresse und rund 16 Prozent über Harn-Inkontinenz. Jeder Fünfte bestätigte zudem operationsbedingte Komplikationen wie starke Blutungen oder Darmverletzungen.  


Literatur

(1) Crook JM et al. Comparision of health-related quality of life 5 years after SPIRIT: Surgical prostatectomy versus interstitial radiation intervention trail. J ClinOncol.2011 Feb1; 29(4):362-8. Epub 2010 Dec 13.

(2) Donovan JL, Hamdy FC, Lane JA, et al.: Patient-Reported Outcomes after Monitoring, Surgery, or Radiotherapy for Prostate Cancer.; ProtecT Study Group. N Engl J Med. 2016 Sep 14.

(3) Barmer GEK Krankenhausreport 2012

Weniger Inkontinenz und Impotenz nach Brachytherapie als nach Roboter-assistierter Operation (DaVinci)

Die Entfernung der Prostata mit Hilfe eines Operationsroboters (DaVinci-Methode) führt nicht zu einer niedrigeren Inkontinenz- und Impotenzrate nach der Behandlung im Vergleich zur herkömmlichen OP.  Im Gegenteil: Geringe Fallzahlen können die Qualität der Therapie sogar gefährden und das Komplikationsrisiko erhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine australische Studie (1), die 2018 in der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht wurde. Danach klagten nach 6, 12 und 24 Monaten jeweils gleich viele Patienten über Inkontinenz und Impotenz – unabhängig davon, ob sie minimalinvasiv mit dem Da Vinci-Roboter oder offen mit der herkömmlichen Methode operiert wurden. Ähnlich ernüchternde Ergebnisse zeigen ein 2017 veröffentlichtes Review (2) sowie eine Studie (3) des renommierten Memorial Sloan Kettering Cancer Centers in New York von 2019. Auch hier fanden die Studienautoren keine Verbesserung der Lebensqualität der Männer bezogen auf ihre Kontinenz und Sexualfunktion, nachdem sie sich einer Roboter-assistierten OP unterzogen hatten.

Bezogen auf die Brachytherapie bedeutet dies, dass sowohl mit der Seed-Implantation als auch mit dem HDR-Afterloading hinsichtlich Kontinenz und Erektionsfähigkeit deutlich bessere Ergebnisse erzielt werden können als nach Entfernung der Prostata mit Hilfe eines Operationsroboters. Dem zu Grunde liegen große Vergleichsstudien zu Nebenwirkungen, Langzeitfolgen und Lebensqualität.


Literatur

(1) Coughlin GD, Yaxley JW, Chambers SK, Occhipinti S, Samaratunga H, Zajdlewicz L, Teloken P, Dunglison N, Williams S, Lavin MF, Gardiner RA.: Robot assisted laparoscopic prostatectomy versus open radical retropubic prostatectomy: 24-month outcomes from a randomised controlled study. Lancet Oncol. 2018 Aug;19(8):1051-1060.

(2) Ilic D1, Evans SM, Allan CA, Jung JH, Murphy D, Frydenberg M : Laparoscopic and robotic-assisted versus open radical prostatectomy for the treatment of localised prostate cancer. Cochrane Database Syst Rev. 2017 Sep 12; BJU Int. 2018 Jun;121(6):845-853

(3) Capogrosso P et al.: Are We Improving Erectile Function Recovery After Radical Prostatectomy? Analysis of Patients Treated over the Last Decade. Eur Urol. 2019 Feb; 75(2): 221–22

Kein erhöhtes Risiko für einen Zweittumor nach Brachytherapie im Vergleich zur Operation

Viele Männer befürchten nach erfolgreicher Prostatakrebs-Behandlung erneut an einem bösartigen Tumor zu erkranken. Gerade die Strahlentherapie steht in Verdacht, das Auftreten von Darm- und Blasenkrebs zu begünstigen. Für die Brachytherapie gibt die wissenschaftliche Studienlage  jedoch keinerlei Anlass für diese Befürchtung.

So etwa konnte eine große Vergleichsstudie der British Columbia Cancer Agency (1) an mehr als 6400 Männern zeigen, dass Patienten mit einem lokalisierten Prostatakarzinom, die sich einer Seed-Implantation unterzogen hatten, sowohl fünf als auch zehn Jahre nach der Behandlung kein höheres Risiko aufwiesen an einem Zweittumor zu erkranken als Männer, deren Prostata in einer Operation entfernt wurde. Dies galt nicht nur für Zweitmalignome außerhalb des Beckens wie etwa Lungenkrebs, sondern auch für Tumoren an Blase und Enddarm.

Eine weitere groß angelegte Studie aus den USA (2) an 2120 Patienten belegt ebenfalls, dass Männer, die sich einer Brachytherapie unterziehen, kein höheres Risiko für die Entwicklung eines Zweittumors befürchten müssen. Das gilt sowohl für die Seed-Implantation als auch für das HDR-Afterloading kombiniert mit einer äußeren Bestrahlung.


# Begründung
Dank hochmoderner Computertechnik und dem Einsatz bildgebender Verfahren ist es mit der Brachytherapie möglich, das Zielgebiet millimetergenau zu erfassen und die Prostata punktgenau zu bestrahlen. Das hat den Vorteil, dass der Tumor zerstört wird, ohne umliegendes gesundes Gewebe wie Harnblase, Dickdarm oder Schließmuskel zu schädigen.


Literatur

(1) Hamilton SN et al.: Incidence of second malignancies in prostate cancer patients treated with low-dose-rate brachytherapy and radical prostatectomy. Int J Radiat Oncol Biol Phys.2014 Nov 15;90(4):934-41. doi: 10.1016/j.ijrobp.2014.07.032. Epub 2014 Sep 17.

(2) Huang J, Kestin LL, Wallace M et al.: Analysis of second malignancies after modern radiotherapy versus prostatectomy for localized prostate cancer. Radiother Oncol 2011 Jan;98(1):81-6. doi: 10.1016/j.radonc.2010.09.012. Epub 2010 Oct 14.

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