Männer, bei denen ein lokalisiertes Prostatakarzinom diagnostiziert wurde, sollten sich bei der Wahl der Behandlung nicht unnötig unter Zeitdruck setzen lassen. Dafür sprachen sich die Wissenschaftler auf der diesjährigen Tagung der Amerikanischen Gesellschaft für klini-sche Onkologie (ASCO) aus. Wie eine amerikanische Studie jüngst zeigen konnte, hat ein verzögerter Therapiebeginn auch bei Prostata-krebs mit einem mittleren und höheren Risiko keinen negativen Einfluss auf die Heilung.
In fast 80 Prozent der Fälle befindet sich Prostatakrebs zum Zeitpunkt der Diagnose in einem Stadium, in dem der Tumor auf das Organ beschränkt und die Chance auf Heilung sehr gut ist. Darüber hinaus handelt es sich beim Prostatakarzinom in der Regel um eine relativ langsam wachsende Tumorart. „Dennoch wird vielen Männern das Gefühl vermittelt, keine Zeit zu verlieren und schnell zu handeln“ sagt Dr. Pedram Derakhshani, Urologe im Westdeutschen Prostatazentrum in Köln.
Zu Unrecht, wie eine aktuelle Studie am Cleveland Hospital in den USA belegen konnte1. Um der Frage nachzugehen, ob eine verzögerte Therapieeinleitung nach Prostatakrebs-Diagnose einen negativen Einfluss auf das Risiko hat, erneut zu erkranken, wurden mehr als 3.000 Patienten mit einem lokalisierten Tumor mittleren und höheren Risikos analysiert. Die Patienten wurden in drei Gruppen aufgeteilt und über einen Zeitraum von 25 Monaten beobachtet. In der ersten Gruppe erhielten die Patienten eine Therapie innerhalb von 90 Tagen, in Gruppe zwei innerhalb von 90-180 Tagen und in Gruppe 3 erst nach 180 Tagen.
Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass unabhängig vom Therapiezeitpunkt keine Unterschiede im Therapieerfolg bestanden. So war das Risiko erneut zu erkran-ken in allen drei Gruppen statistisch gleich (4,9 bis 9,6 Prozent) hoch. Zwar sollten Patienten, deren Tumor bereits weiter fortgeschritten ist, keine aktive Überwachunb (Active Surveillance) sondern eine „aktive Behandlung“ erhalten. Die Ergebnisse deuten aber darauf hin, dass eine kurzfristige Verzögerung, um zusätzliche bildgebende Verfahren durchzuführen oder eine Zweitmeinung einzuholen unbedenklich ist.
Sich durch die Diagnose Prostatakrebs selbst bei aggressiveren Tumoren nicht unnötig unter Zeitdruck setzen zu lassen, empfiehlt auch Dr. Derakhshani. „Die Therapieentscheidung sollte unabhängig vom Tumorstadium immer gut informiert und mit einem guten Gefühl getroffen werden.“ Ebenfalls ratsam sei es, sich von Ärzten verschiedener Fachgruppen – Urologen und Strahlentherapeuten - beraten zu lassen, betont der Kölner Urologe.