Dabei zeigte sich, dass Inkontinenz und Harnverhalt die Lebensqualität der Betroffenen am stärksten beeinflusst. „Harnwegskomplikationen gehören zu den Problemen, die Patienten mit Prostatakrebs nach der Behandlung am meisten fürchten“, sagt Dr. Stephan Neubauer vom Westdeutschen Prostatazentrum in Köln. Nicht ohne Grund, wie eine Untersuchung der Krankenkasse Barmer GEK1 klar belegt. So können16 Prozent nach der operativen Entfernung der Prostata den Urin nicht mehr halten und sind auf Vorlagen angewiesen.
Dass Inkontinenz und Harnverhalt nach Operation der Prostata häufiger auftreten als nach Brachytherapie konnten bereits mehrere Studien eindrucksvoll zeigen. Darunter eine aktuelle Untersuchung des Hospital del Mar Research Institute in Barcelona2. Die Wissenschaftler untersuchten Nebenwirkungen und Lebensqualität bei 580 Patienten, deren Prostatakarzinom entweder durch eine radikale Prostataentfernung, eine äußere Strahlentherapie oder mithilfe der Brachytherapie behandelt wurde. Dazu nutzten sie neben standardisierten Tests zur Erfassung der Nebenwirkungen, auch Techniken aus der Spieltheorie, nach denen Lebensqualität und Zufriedenheit der befragten Patienten analysiert werden konnte. So zeigte sich etwa im so genannten „Time-Trade-Off“-Test", dass Patienten, die operiert wurden fünf Prozent ihrer restlichen Lebenszeit eintauschen würden, wenn sie die Nebenwirkungen der Behandlung nicht länger ertragen müssten. Nach einer Brachytherapie dagegen fiel die Zahl derer, die zu einer Verkürzung der Lebenszeit bereit wären, deutlich geringer aus.
Harnwegskomplikationen werden als sehr belastend empfunden
Die Studie konnte ebenfalls zeigen, dass insbesondere Inkontinenz und Harnverhalt die Lebensqualität der Betroffenen massiv einschränkt. „Umso wichtiger sei es, die Patien-ten im Vorfeld über die Nebenwirkungen der verschiedenen Behandlungsoptionen um-fassend aufzuklären“, fordert Dr. Neubauer. „Zumal viele Männer mit Prostatakrebs noch immer unnötig operiert werden.“ So könne es laut Empfehlung der Leitlinien bei Männern, die ein Prostatakarzinom mit geringem Risiko aufweisen, häufig ausreichend sein, den Tumor engmaschig zu überwachen (Active Surveillance). „Sollte dennoch eine Behandlung notwendig werden gilt es den Fokus verstärkt dahin zu lenken optimale Heilungsraten bei minimalen Nebenwirkungen zu erzielen" resümiert der Kölner Urologe.