„Der PSA-Test ist unnütz und mitunter sogar gefährlich.“ Diese Aussage wird fälschlicherweise immer häufiger von den Medien transportiert. So zuletzt auch in der Sendung des RBB Politmagazins Kontraste „Früherkennung bei Prostatakrebs: Das Geschäft mit der Angst“. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU), der Berufsverband der Deutschen Urologen (BDU) und der Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. kritisieren die einseitige Berichterstattung, die zu einer tiefen Verunsicherung der Männer führt.
Auslöser für die Kritik am PSA-Test ist eine europäische Studie1, die derzeit an 180000 Männern zum Nutzen der PSA-gestützten Prostatakrebs-Früherkennung durchgeführt wird. Erste Zwischenergebnisse zeigen, dass durch den flächendeckenden Einsatz des PSA-Tests bei gesunden Männern im Alter von 65 bis 69 Jahren, die Wahrscheinlichkeit an einem Prostatakarzinom zu sterben um 20 Prozent gesenkt werden kann. Im Umkehrschluss heißt dies jedoch auch, dass statistisch gesehen insgesamt 48 Männer behandelt werden müssen, um einen Prostatakrebstoten zu verhindern. Da Prostatakrebs häufig im höheren Lebensalter auftritt, in der Regel langsam wächst und daher möglicherweise nie Beschwerden verursachen würde, besteht mitunter die Gefahr einer „Übertherapie“. Strittig ist daher vor allem, ob durch die frühe Diagnose mittels PSA-Test nicht zu viele Patienten unnötig behandelt würden.
PSA-Werte werden häufig falsch interpretiert
„Gefährlich ist nicht der PSA-Test, sondern der Umgang mit den Ergebnissen“, sagt dazu Dr. Stephan Neubauer, Urologe im Westdeutschen Prostatazentrum in Köln. Obwohl die interdisziplinäre Leitlinie zur Früherkennung, Diagnose und Therapie von Prostatakrebs klare Empfehlungen gibt, wann und zu welchen Umständen der Test angewandt werden sollte, komme es noch immer vor, dass PSA-Werte falsch interpretiert und vorschnell gehandelt werde, kritisiert der Kölner Urologe. So wird häufig auf Grund von kurzzeitig erhöhten PSA-Werten eine Biopsie veranlasst, anstatt den Verlauf der Werte zunächst zu beobachten.
Dr. Neubauer fordert zudem einen anderen Umgang mit Tumoren, die durch den PSA-Test entdeckt werden: „Es darf nicht sein, dass ein Patient mit einem erhöhten PSA-Wert automatisch auf dem OP-Tisch landet und mit Nebenwirkungen wie Inkontinenz und Impotenz wieder nach Hause geht“, so der Prostata-Spezialist. Gerade die radikale Prostataoperation, die in Deutschland noch immer die häufigste Behandllung ist, geht zum Teil mit einer hohen Inkontinenz- und Impotenzrate einher. Laut Empfehlung der Leitlinien kann es bei Männern, die ein Prostatakarzinom mit geringem Risiko aufweisen, häufig ausreichend sein, den Tumor engmaschig zu überwa-chen (Active Surveillance). „Sollte dennoch eine Behandlung notwendig werden, gilt es, den Fokus verstärkt dahin zu lenken optimale Heilungsraten bei minimalen Nebenwirkungen zu erzielen“, betont Dr. Neubauer.
Fokus auf nebenwirkungsarme Therapien
Hierfür eignen sich vor allem moderne strahlentherapeutische Methoden, wie die Brachytherapie. Anders als bei der radikalen Entfernung der Prostata bleibt die Vorsteherdrüse erhalten. Durch das ultraschallgesteuerte Einbringen radioaktiver Strah-lenquellen direkt in die Prostata, wird der Tumor gezielt zerstört und gleichzeitig das umliegende Gewebe geschont. Der Vorteil der „inneren Bestrahlung“ liegt darin, dass Patienten deutlich geringere Nebenwirkungen für die Behandlung in Kauf nehmen müssen, ohne Einbussen in der Heilung zu befürchten. Für fortgeschrittene Stadien sind die Verfahren auch in der Wirkung der Operation nachweislich deutlich überlegen, so dass wesentlich bessere Heilungsraten bei geringeren Nebenwirkungen erzielt werden.
„Wir dürfen bei der kontroversen Diskussion nicht vergessen, dass das Prostatakarzinom mit über 60.000 Neuerkrankungen pro Jahr weiterhin die am häufigsten diagnostizierte Krebserkrankung des Mannes ist und nach Angaben des Robert Koch-Institutes insbesondere bei der Sterblichkeit mit mehr als 12.000 Todesfällen pro Jahr immer noch an dritter Stelle steht. Und hier ist nach wie vor der PSA-Test das wichtigste Instrument für die Früherkennung von Prostatakrebs,“ resümiert Dr. Neubauer. Ansonsten fallen Männer mit einem aggressiv wachsenden Tumor, der ohne eine adäquate Therapie zum Tod führen würde durch das Vorsorgeraster, so der Kölner Urologe. Eine jüngst im renommierten Journal „Cancer“ publizierte Auswertung von Daten des größten Krebsregisters der USA konnte zeigen, dass dank verbesserter Früherkennung mittels PSA-Test heute in den USA statt 25.000 nur 8.000 Männer ein spätes Stadium der Krebserkrankung erreichen.2 Das bedeutet: Ohne den PSA-Test würden dreimal mehr Männer ihre Krebserkrankung erst bemerken, wenn der Tumor bereits Absiedelungen (Metastasen) gebildet hat.