Die wirksamste und gleichzeitig schonendste Behandlung bei fortgeschrittenem oder aggressivem Prostatakrebs stellt das Afterloading dar.
Bei dieser Form der Brachytherapie wird eine Hochdosisstrahlenquelle kurzzeitig in die Prostata eingebracht. Die bewährte Behandlungsmethode basiert auf einem ferngesteuerten "Nachladen (=Afterloading)" der Strahlenquelle aus Iridium in druch den Damm eingesetzte Punktionsnadeln. An exakt berechneten Positionen wird der Strahler eine bestimmte Zeit fokussiert. So wird eine optimale Dosisverteilung erreicht.
Diese Behandlung erfolgt je nach Befund 3 bis 4 Mal unter einer Kurznarkose jeweils im Abstand von etwa 1 Woche.
Die wirksamste und sinnvollste Behandlung bei fortgeschrittenem oder aggressivem Prostatakrebs ist das HDR-Afterloading kombiniert mit einer äußeren Bestrahlung. Der Vorteil der HDR-Afterloadingtherapie gegenüber der alleinigen äußeren Bestrahlung besteht darin, dass durch die zielgenaue Bestrahlung der Prostata eine maximale Dosiserhöhung bei gleichzeitiger Reduktion der Strahlendosis auf die umliegenden Risikoorgane, vor allem auf Enddarm und Harnblase, erreicht werden kann. Komplikationen und Belastungen für den Patienten werden dadurch stark vermindert.
Die kombinierte Afterloadingtherapie ist besonders effektiv bei lokal-fortgeschrittenen Prostatakarzinomen ohne Fernmetastasen, da sie einen großen Sicherheitsbereich um die Prostata herum mit einbezieht und gleichzeitig auch die benachbarten Lymphknoten mit erfasst. Durch diesen großen Sicherheitsbereich, ist sie der Operation damit deutlich überlegen.
Geeignete Patienten für eine Afterloading-Therapie in Kombination mit einer äußeren Bestrahlung sind Risikopatienten mit einem lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom ohne Fernmetastasen in Knochen und Lymphknoten (T2b und/oder PSA >10 und/oder Gleason-Score >7). Bei Patienten mit einem geringen Risiko (T1b-T2a, PSA < 10, Gleason-Score < 7) wird die Technik derzeit im Rahmen von Studien untersucht. Wie zahlreiche Studien bestätigen, ist die Heilungsrate der Kombinationstherapie bei geringer Veränderung der Lebensqualität der operativen Entfernung der Prostata eindeutig überlegen. In einer aktuellen Studie des Westdeutschen Prostatazentrums konnte gezeigt werden, dass eine kombinierte Strahlentherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom zu einer hervorragenden Heilungsrate führt und gleichzeitig nicht die Lebensqualität der Patienten beeinträchtigt. Hinzu kommen deutlich geringere Inkontinenz- (< 1-3%) und Impotenzraten (20 – 40%) als nach der operativen Entfernung der Prostata. Ein weiterer Pluspunkt: Die Patienten sind in der Lage berufliche und private Aktivitäten schon nach wenigen Tagen wieder aufzunehmen. Bei der HDR-Brachytherapie handelt es ich um einen kleinen schonenden Eingriff, der in der Regel kurzstationär durchgeführt wird und für den Patienten nur eine geringe Belastung darstellt.
Vor der Afterloadingtherapie
Nachdem Urologe und Strahlentherapeut die Indikation zur Afterloadingtherapie gestellt haben, wird vor dem Eingriff die „Vorplanung“ mittels transrektalem Ultraschall über den Enddarm durchgeführt. Die so entstandenen Bilder werden an einen Planungsrechner übermittelt. Anhand der Größe, Form und Lage der Prostata berechnet der Strahlentherapeut die Durchführbarkeit der Afterloadingtherapie
Blutverdünnende Medikamente wie Aspirin, ASS, Eliquis, Lixiana, Plavix, Xarelto, Marcumar oder vergleichbare Präparate müssen in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt eine Woche vor der Operation abgesetzt werden. Zwei Tage vor dem Eingriff beginnt die Einnahme eines Antibiotikums sowie eines Alpha-Blockers gemäß der ärztlichen Verordnung. Am Tag vor dem Eingriff sollten schwer verdaulich Speisen gemieden werden. Sechs Stunden vor dem Eingriff darf weder gegessen noch getrunken werden. Am Abend vor dem Eingriff erfolgen abführende Maßnahmen, um den Enddarm zu leeren.
Der Eingriff beim Afterloading
In einer kurzen Narkose bringt der Urologe unter Ultraschallkontrolle spezielle Hohlnadeln steril durch den Damm an die berechneten Positionen in die Prostata ein. Der zuvor eingelegte Blasenkatheter dient der präzisen Identifizierung der Harnröhre um diese bei der nachfolgenden Planung der Dosisverteilung bestmöglich zu schonen. In einem nächsten Schritt werden Ultraschall-Schichtbilder für die Bestrahlungsplanung angefertigt. Mit Hilfe eines speziellen Computerprogramms wird hieraus ein 3D-Modell der Prostata erstellt und der Strahlentherapeut berechnet die Dosisverteilung und erfoderliche Beladung der einzelnen Hohlnadeln mit der Iridium-192-Quelle. Die winzige Strahlenquelle kann in Millimeter-Schritten jede Position der Nadel abfahren und an den errechneten Haltepunkten über einen definierten Zeitraum ihre Strahlung abgeben. Insgesamt werden bis zu 200 mögliche Haltepunkte der Strahlenquelle definiert.
Nachdem Bestrahlungsplan und Dosisverteilung fertiggestellt sind werden alle Nadeln mit dem Afterloading-Gerät mittels dünner Ausfahrschläuche verbunden. Dann erst erfolgt die eigentliche Bestrahlung, d.h. die Strahlenquelle fährt nun Nadel für Nadel ab und bestrahlt den Tumor vor Ort. Dabei sind die Nadeln fest in der Prostata fixiert, so dass sich Ziel- und Risikoorgane in ihrer Lage und Entfernung zueinander nicht ändern. Die reine Bestrahlungszeit dauert nur wenige Minuten und der Patient befindet sich währenddessen in einem speziellen Strahlenschutzbunker. Genauso wie bei der Seed-Implantation können Urologen und Strahlentherapeuten die Behandlung in Echtzeitübertragung mittels modernster Computertechnik auf dem Monitor verfolgen. Dabei werden kleinste Abweichungen der Implantationsnadeln von dem zuvor berechneten Bestrahlungsplan sofort berücksichtigt und entsprechend optimiert. Nachdem die Prostata vollständig bestrahlt wurde, können die Nadeln und der Katheter wieder entfernt werden und der Patient kann aus der Narkose erwachen. Der Eingriff dauert in der Regel 45 bis 60 Minuten. Zwischen den Behandlungen liegt in der Regel eine Woche Pause. Die zusätzliche äußere Bestrahlung nimmt ca. 6 Wochen in Anspruch. Insgesamt wird in der Regel ca. 30 Mal bis zu einer Gesamtdosis von 50-55 Gy an fünf Tagen pro Woche bestrahlt.
Nach der Afterloading Therapie
Die urologischen Nachsorgeuntersuchungen wie die Bestimmung des PSA-Wertes, eine Ultraschalluntersuchung sowie die Erfassung von Nebenwirkungen anhand standardisierter Fragebögen erfolgen zunächst vierteljährlich. Normalerweise können die Patienten Ihre beruflichen Aktivitäten innerhalb weniger Tage nach dem Eingriff wieder aufnehmen. In der ersten Zeit sollten die Behandelten sich körperlich schonen und auf Folgendes achten: In den ersten zwei Wochen sollen Baden, Schwimmen, Saunabesuche, sexuelle Aktivitäten sowie schweres Heben vermieden werden. Druckbelastung von Prostata und Damm, z. B. durch Fahrradfahren, Reiten oder Sitzen auf harten Flächen sollte für etwa vier Wochen vermieden werden.
Die Nebenwirkungen des HDR-Afterloadings sind gering. Da das Afterloading-Verfahren in der Regel mit einer externen Bestrahlung kombiniert wird, kann es zu lokalen Reizungen von Blase und Darm kommen. Nach der äußeren Bestrahlung klagen zudem einige Patienten über Müdigkeit. Die Nebenwirkungen verschwinden normalerweise nach Abschluss der Behandlung wieder von selbst. Unmittelbar nach dem Eingriff kommt es bei manchen Patienten zu häufigerem Wasserlassen. Ursache hierfür ist eine vorübergehende leichte Reizung durch das Einführen des Katheters.